Was könnte das Thema für den nächsten Text sein? Warum fällt mir nichts ein? Und was könnte ich am Sonntag in meiner Me-Time machen? Wenn Entscheidungen zu treffen sind oder Themen gefunden werden sollen, dann denke ich darüber nach. Ich stelle mir in meinem Kopf eine Frage und versuche sie, mithilfe meines Verstandes zu beantworten. Ich mache mir Gedanken und halte daran fest bis ich eine Lösung gefunden habe. Ich plane. Das ist wahrscheinlich der Weg, den die meisten gehen. Aber es geht auch anders.
Intuition ist das Stichwort. Damit wir uns richtig verstehen, hier kurz die Definition von Intuition auf Wikipedia: „Intuition ist die Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen zu erlangen, ohne diskursiven Gebrauch des Verstandes, also etwa ohne bewusste Schlussfolgerungen.“ Für die meisten, die Tag ein, Tag aus jedoch sehr wohl und ausschließlich ihren Verstand gebrauchen, mag Intuition etwas Abstraktes sein, das auch durch diese Definition nicht greifbarer wird. Deshalb möchte ich hinzufügen, wie ich Intuition für mich verstehe.
Wenn ich mir eine Frage mal nicht im Kopf stelle, sondern indem ich meine Augen schließe, tief atme, alles um mich herum ausblende und nur noch meinem Inneren zuhöre, dann kommen Antworten. Vielleicht in Form von Bildern, Erinnerungen, Worten oder Gefühlen. Ohne dass ich darüber nachgedacht habe. Diese Antworten erhalte ich meiner Meinung nach von meiner Intuition. Meine Intuition ist für mich die Verbindung zu meinem Inneren, in dem sich mein wahres Selbst befindet, das frei ist von Ängsten, Glaubenssätzen, Prägungen. Und mit ihm befinden sich dort meine Bedürfnisse, Wünsche und Träume. Meine Intuition kommuniziert mir, was ich wirklich will – frei von gesellschaftlichen Konventionen, Erwartungen an mich oder meinen eigenen Mustern und Käfigen.
Unbetretene Pfade mit Warnschildern
Das Thema Intuition beschäftigt mich sehr. Doch ich lebe in einer Gesellschaft, die es mir nicht gerade leicht macht. Unsere Gesellschaft ist sehr auf den Verstand fokussiert, auf Logik und Rationalität, auf Fakten, Argumentation und Verstehen. In vielen Bereichen ist das auch gut so, keine Frage. Doch es ist nun einmal nicht immer der logischste Weg, der mich am glücklichsten macht. Wenn ich mich also mal weg von Konvention und Logik hin zu meinem eigenen Willen bewegen möchte, werde ich automatisch gebremst und wie mit einem unsichtbaren Gummi immer wieder zurück in den Verstand gezogen. Wenn ich mein Leben mehr nach meiner Intuition und dem, was mein Herz mir sagt, ausrichten möchte als nach dem, was vielleicht logisch ist, dann begebe ich mich auf unbetretene Pfade, wo ich auf Warnschilder und Unverständnis stoße. Da waren noch nicht viele vor mir und es scheint mir unsicher. Und mein Verstand möchte schließlich nichts mehr für mich als Sicherheit.
Doch vor kurzem, da hatte ich eine Erkenntnis. Ich durfte eine Frau kennenlernen, die auf mich so stark mit sich selbst verbunden, so nah bei sich, so in ihrer Mitte wirkte wie niemand, den ich kenne. Ich fühlte mich so gut in ihrer Gegenwart. Und ihre Worte „Ja, ich fühle auch, dass wir das so machen sollten“ haben sich tief eingebrannt bei mir, auf positive Art und Weise. In meinem Umfeld nennt selten, oder nein, nennt nie jemand sein eigenes Gefühl, seinen Impuls, seine Intuition als Argument für eine Entscheidung. Dass diese Möglichkeit überhaupt besteht, leuchtete mir erst in diesem Moment ein. Ich darf sagen, wie ich mich fühle, und das darf auch mein Argument sein. Etwa einen Termin abzusagen, weil einem die eigene Intuition gerade zu etwas anderem rät – das macht sonst niemand in meinem Umfeld. Vermutlich aus Angst davor, andere zu enttäuschen, oder davor, als „Memme“ dazustehen. Denn „Memme“ heißt zu wenig belastbar, zu gefühlsbetont, zu schwach. Und diese Adjektive möchte sich niemand gerne zuschreiben lassen, weil sie in unserer Gesellschaft als negativ, als Schwächen angesehen sind.
Wer sagt, was ideal ist?
Es scheint miteinander einherzugehen, sich von der Meinung anderer zu lösen und sich wieder mit der eigenen Intuition zu verbinden. Und ich sage „wieder“, weil wir das in unserem Leben alle bereits einmal waren – als Kinder. Wir kommen auf diese Welt, absolut und vollkommen mit unserer Intuition verbunden. Das sieht man etwa daran, dass wir schreien, wenn wir müde sind oder Hunger haben, und hören auf, wenn wir schlafen oder satt sind. Wir nehmen unsere Bedürfnisse wahr und kommunizieren sie ganz selbstverständlich. Irgendwann fangen wir an, uns hinzusetzen, uns fortzubewegen, uns hochzuziehen. Ganz intuitiv. Etwas so intuitiv und losgelöst von allen äußeren Stimmen und Argumenten zu tun, fühlt sich für viele von uns heute weit weg an. Wir erinnern uns gar nicht mehr daran, dass es einmal so war und überhaupt möglich für uns ist. Aber das ist es. Wenn ich es mir erlaube und mich von der Meinung anderer löse. Beziehungsweise bedingt es sich gegenseitig: Umso stärker ich meine Intuition wahrnehme und befolge, desto egaler ist mir letztendlich auch die Meinung anderer. Weil ich weiß, was mir wirklich guttut, mir selbst bewusst bin und mir selbst vertraue.
Sicherlich ist der ideale Weg wie bei so vielem, eine Balance zu finden zwischen Intuition und Verstand. Aber auch da: Wer sagt, was ideal ist? Vielleicht sollte ich auch dazu mal meine Intuition befragen. Manchmal habe ich die Sorge, in der Stille nicht meine Intuition zu hören, sondern meine Angst. Wenn ich etwa wahrnehme, dass ich ein Projekt nicht annehmen möchte. Doch auch da darf ich noch lernen: Denn Intuition und Angst sind sogar ziemlich gut voneinander zu unterscheiden. Die Intuition entscheidet immer aus meinem wahren Bedürfnis und tiefsten Wunsch heraus. Sie liefert zwar keine Gründe, denn sie selbst ist der Grund. Wenn ich mir aber Gründe für ihre Antwort, sozusagen ihre Absicht überlegen sollte, dann wäre das immer meine Weiterentwicklung, die größte Chance für Wachstum für mich, die Liebe zu mir selbst. Dorthin leitet sie mich. Die Angst hingegen leitet mich dorthin, wo ich mich verstecken kann, wo ich in meiner Komfortzone bleibe, wo absolute Sicherheit herrscht. Das klingt erstmal besser, ist es langfristig aber auch nur für die Angst selbst.
Es wird immer leichter
Ich fasse zusammen: Um nach meiner Intuition zu leben, darf ich mich darin üben, meine Bedürfnisse überhaupt erst einmal wieder so wahrzunehmen und dann auch zu befolgen wie ich es als Kind tat. Ich habe mich bereits daran erinnert und weiß, dass es möglich für mich ist. Die Herausforderung ist nun, im Alltag bewusst in mich hinein zu hören, am besten bei jeder noch so kleinen Entscheidung, und dann, wenn nötig wider Erwartungen und Konventionen, danach zu handeln. Was ich dadurch erreiche: eine immer stärkere Verbindung zu meiner Intuition, sodass es mir wiederum immer leichter fällt, mich danach zu richten. Wenn ich also das nächste Mal nicht weiß, welches das Thema des Textes wird, dann hör ich dem da drinnen zu und nicht dem da oben oder dem da draußen. Das hier ist schließlich mein Blog und damit meine Spielwiese, auf der Rationalität und die Meinung anderer ohnehin wenig zu sagen haben.
Sag du mir doch mal: Hast du schon mal auf deine Intuition gehört? Und was ist dabei herausgekommen? Das finde ich ja wahnsinnig spannend!
Ein Kommentar zu “Intuition: Wieso ich mich mehr danach richten will”